Den Rucksack wieder aufsetzen

Unser Inneres braucht unsere wache Präsenz. Es braucht so sehr unsere echte Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen. Für das was wir fühlen, für unseren Schmerz, für unsere Geschichte, für uns selbst. Haben wir in der Vergangenheit sehr schmerzhafte und vielleicht sogar traumatische Erfahrungen gemacht, die nicht verarbeitet wurden, gibt es höchstwahrscheinlich innere Anteile in uns, die darauf warten, dass geschehenes Unrecht von außen wieder gut gemacht wird. Dass das, was einst so sehr gefehlt hat, doch noch kommt und endlich alles in Ordnung bringt. Vielleicht die Liebe, das Mitgefühl, der Schutz oder die Anerkennung von Mama oder Papa. Etwas in uns dämmert vor sich hin, befindet sich im Dornröschenschlaf, ohne dass uns das bewusst wäre. In Erwartung einer Rettung von außen, die niemals kommen wird. Vielleicht sind wir währenddessen sogar ganz aktiv, besuchen Selbsterfahrungsseminare, machen Therapie, lesen psychologische Bücher, meditieren, doch tief in uns drinnen sind wir nicht bereit die notwendigen Schritte für eine echte Veränderung zu tun. Wir sind nicht bereit selbst die Verantwortung für die Veränderung zu übernehmen, die wir behaupten uns zu wünschen. Wir bestehen insgeheim darauf, dass jemand anderes kommt und das übernimmt und in der Tiefe halten wir an genau dem Zustand fest, unter dem wir leiden. Wir wollen weiterschlafen und uns weiter an eine Hoffnung klammern, von der wir wissen, dass sie sich nie erfüllen wird. Denn alles ist uns lieber als Ja sagen zu müssen zu dem Schmerz, der in unserem Inneren darauf wartet von uns gefühlt, angenommen und verantwortet zu werden. 

 

Es ist so als würden wir ein verletztes, trauriges, einsames Kind ganz alleine an einem Ort sitzen sehen, an dem es keine Hilfe erwarten kann, da meilenweit keine Erwachsenen unterwegs sind. Wir setzen uns in seine Nähe. Immer wieder schauen wir rüber zu ihm und das Herz wird uns schwer, weil wir sehen, wie alleine es sich fühlt und wie sehr es liebevolle Anteilnahme und Begleitung braucht. Während die Zeit ins Land geht nehmen wir das Kind immer wieder aus dem Augenwinkel wahr, und fühlen uns mehr und mehr apathisch, schwer und ohnmächtig. Und hoffen gemeinsam mit ihm auf Hilfe, doch nichts passiert. 

 

Das Kind in uns braucht uns. Erst wenn wir bereit sind aufzustehen, den Rucksack mit all den Erfahrungen aufzusetzen, die wir bis zum heutigen Tag gemacht haben und wirklich Verantwortung zu übernehmen für unser Leben, kommt etwas in Bewegung. Wir haben die Kraft und das Potential dafür. Aber es braucht unsere Bereitschaft, es zu öffnen, zu entfalten und Vorwärts zu gehen auf unserem Weg, mit dem Gepäck oder besser der Aufgabe, die das Leben für uns vorgesehen hat. In dem Moment wo wir uns hierzu bereit erklären wird es leichter und vor allem lebendiger und hoffnungsvoll. Wenn wir uns entscheiden uns aufzurappeln, die Opferperspektive zu verlassen und unsere Geschichte in unsere Aufgabe zu verwandeln, geben wir unserem Leben wieder Sinn. Und das wahre Abenteuer beginnt 😊🙏!

 

 

Wir lassen uns nicht mehr alleine, sondern lernen unserem Inneren ein echter liebevoller und verbindlicher Begleiter zu sein. Wie groß und unaushaltbar der Schmerz, die Einsamkeit, die Wut oder die Traurigkeit auch sein mögen, denen wir dort begegnen. Wir bleiben! Je mehr unserer Gefühle wir in die eigene Verantwortung nehmen, umso mehr Freiheit und Handlungsspielraum haben wir. Wir müssen vor nichts mehr weglaufen, nichts mehr nach außen projizieren und uns von nichts mehr vereinnahmen lassen. Jetzt können wir wirklich Neuland betreten und das große Spielfeld des Lebens erkunden.